Als Hala Alaidi (10. Klasse, RBG) am 16. November 2023 ihren Text „Mein letztes Testament“ im Literaturhaus St. Jakobi vorträgt, ist es besonders still im Publikum. Ihre Schilderung eigener Kriegserlebnisse als Kind und die Fluchterfahrung als 11-Jährige machen betroffen. Zugleich stimmt der kämpferische Grundton ihrer Rede die Zuhörenden jedoch auch hoffnungsfroh, denn Hala ist sich sicher: „Mein Trauma wird der Grund für den Erfolg sein.“ Und genau deswegen werde sie nie ihr letztes Testament schreiben, sondern ein erfülltes und glückliches Leben führen. Vielleicht ist der Auftritt an diesem Abend ein erster Schritt zum Erfolg, denn Hala Alaidi erhält einen Sonderpreis für ihren Redebeitrag.

Um Platzierungen und Preisgelder geht es an diesem besonderen Abend aber nur am Rande. Im Mittelpunkt steht, dass Jugendliche sich im Rahmen des Wettbewerbs kreativ mit dem Thema Krisenzeitenauseinandergesetzt und ihre Form des Umgangs mit all den Krisen unserer Zeit gefunden haben. Besonders bei den Redebeiträge, die sich thematisch mit Schulstress, der Angst vor Krisen, der Herabsetzung von Frauen zu Objekten, den täglichen Nachrichten und der Faszination von Militärtechnik beschäftigt haben, ist dies zu spüren, während die Social-Media-Beiträge, mit denen man in einer anderen Rubrik an dem Wettbewerb teilnehmen konnte, dieses Niveau nicht erreichen können.

 



So ist es der fachkundigen Jury auch sichtbar schwergefallen, einen Gewinnertext zu küren. Ausschlaggebend für die Wertung sind dann nicht nur der Inhalt der Rede, sondern auch die Vortragsweise und die damit entfaltete rhetorische Kraft. Über den ersten Preis in der Kategorie Redebeitrag darf sich schließlich Barbara Prinzing (Q1) freuen, die mit ihrem Beitrag „Zeit für Nachrichten“, den sie im Stil eines Poetry Slams sehr rhythmisiert und noch dazu auswendig vorträgt, das Publikum in ihren Bann zieht. Nicht weniger brillant trägt Antonia Blaich (Q1) ihren Text mit dem Titel „Mir ist kalt“ vor, denn es gelingt ihr, dieses Gefühl des Ausgeliefert- und Überfordertseins auf die Zuhörenden zu übertragen. Mit den Worten „Mir ist kalt. Ich habe keine Ahnung. Ich habe Angst. Ich habe Angst vor der Kälte der Ahnungslosigkeit.“ endet ihr Redebeitrag, der ihr den dritten Platz einbringt.

 

Trotz der schwierigen Themen fasst Greta Wolter (9. Jahrgang) den Abend so zusammen: „Zunächst mal war die Stimmung Bombe! Tolle Leute, mega Texte und Beiträge. Und natürlich hat das Andreanum den Abend gerockt. Barbara und Tony, die Stars des Abends, hatten sogar eine ganz wunderbare Fangemeinde. Auch war’s schön, einige bekannte Gesichter aus dem Lehrerkollegium zu sehen, und es war sehr amüsant, sich auch mit einigen zu unterhalten.“ Und Barbara Prinzing resümiert: „Ich würde den Abend als intensiv, inspirierend, eindrucksvoll, motivierend und für mich als immer in Erinnerung bleibend wahrnehmen und vielleicht auch als einen Startschuss für den Beginn eines neuen Lebensabschnitts - zumindest bezüglich des Schreibens.“

Krisenerfahrungen (redend und schreibend) in Erfolge umzuwandeln, ist also möglich, wenn man sich Gehör verschafft und dann auch gehört wird!

Annegret Warneke/ Fotos(2): Gunnar Möller

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