Biochemiker
Hans Adolf Krebs wurde am 25.08.1900 in Hildesheim als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sein Vater Georg, ein angesehener Hals-Nasen-Ohrenarzt, stammte aus Gleiwitz in Schlesien, seine Mutter, eine geborene Davidson, aus Hildesheim. Sie gehörte einer jener jüdischen Familien an, die in der Hildesheimer Gegend seit dem 18. Jahrhundert lebten und eine relative Freiheit und zahlreiche Privilegien genossen. Die Familien der Biocherniker Otto Meyerhof (1884-1951) und Carl Neuberg (1877-1956) gehörten ebenfalls zu dieser Gruppe von jüdischen Familien, die durch zahlreiche Heiraten vielfältig miteinander verwandt waren. Hans Krebs hatte aufgrund der Tatsache, dass seine Familie seit über zwei Jahrhunderten in Deutschland lebte, keinerlei Bindungen an sein jüdisches Erbe. Erst während des Aufstiegs der Nationalsozialisten identifizierte sich Hans Krebs zunehmend mit den Juden. Hans Krebs machte 1918 am Andreanum zeitbedingt ein Notabitur, nahm noch – wie viele andere deutsche Juden – als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und studierte darauf zunächst in Göttingen, dann in Freiburg, Berlin und München Medizin. Das Studium schloss er 1923 mit dem Staatsexamen ab. Die Untersuchungen zu seiner Doktorarbeit hatte Hans Krebs in Freiburg bei dem Anatomen Wilhelm von Möllendorf (1887-1944) durchgeführt, 1924 wurde er an der Universität Hamburg zum Dr. med. promoviert. Seine erste Publikation erschien 1923 und hatte den Titel: "Die Färbung des Skelettmuskels mit Anilinfarbstoffen".
Seine berufliche Tätigkeit begann Hans Krebs in der von Peter Rona (1871-1945) geleiteten Chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Charité in Berlin. Von 1926 bis 1930 arbeitete er als Assistent von Otto Warburg (1883-1970) am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem, 1930 im Städtischen Krankenhaus in Hamburg-Altona bei Leo Lichtwitz (18761943) und von 1930-1933 in Freiburg bei Siegfried Thannhauser (1885-1962), wo er sich 1932 habilitierte und zum Privatdozenten für Innere Medizin ernannt wurde. In seiner Freiburger Zeit entdeckte Hans Krebs zusammen mit dem Medizinstudenten Kurt Henseleit (1908-1973) den Harnstoffzyklus, seine erste große Entdeckung auf dem Gebiet zyklischer Stoffwechselvorgänge. Die diesbezügliche Publikation machte Hans Krebs schnell in der internationalen wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekannt. Insbesondere der Biocherniker Sir Frederick Gowland Hopkins (1861-1947), der damals Präsident der Royal Society of London war und 1929 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhalten hatte, erkannte die Arbeit von Hans Krebs als zukunftsweisend für die weitere methodische Entwicklung der Biochemie. Hans Krebs wurde im April 1933 "zwecks Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung" von seinem Dienst "beurlaubt" und wandte sich an Frederick Gowland Hopkins mit der Bitte, bei ihm in Cambridge arbeiten zu dürfen ("Ich verliere, weil ich Jude bin, nicht nur meine Stellung, sondern überhaupt jede Arbeitsmöglichkeit in Deutschland..."). Aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 erhielt Hans Krebs ein vom 15. Juli 1933 datiertes Entlassungsschreiben, das nicht von ungefähr der damalige Rektor der Freiburger Universität, der Philosoph Martin Heidegger (1889-1976) unterzeichnet hatte. Die Umstände seiner Vertreibung hat Hans Krebs kurz vor seinem Tode in einer Publikation mit dem Titel "Wie ich aus Deutschland vertrieben wurde – Dokumente mit Kommentaren" in deutscher Sprache geschildert. Diese Veröffentlichung ist in der Tat höchst bemerkenswert, weil Hans Krebs in ihr nicht etwa aus der Position der unbestrittenen moralischen Überlegenheit heraus mit den sogenannten arischen Deutschen, die ihm im Land seiner Väter alle Arbeits- und Existenzmöglichkeiten geraubt haben, pauschal abrechnet, sondern weil er in penibler Exaktheit des Wissenschaftlers alle Dokumente seiner Vertreibung im vollen Wortlaut wiedergibt und diese vorsichtig kommentiert. Hans Krebs schreibt, dass er in der Zeit seiner Vertreibung von dem Optimismus getragen war, später einmal die diesbezüglichen Dokumente veröffentlichen zu können. Er stellt heraus, dass er bereits fünf Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Deutschland verließ, als seitens der zuständigen Behörden noch der Schein einer Legalität und formellen Höflichkeit gewahrt wurde. Hans Krebs betrachtet in der genannten Publikation die Tatsache, dass er Deutschland mit relativ jungen Jahren verließ, als glücklichen Umstand in seinem Leben, da er so die Möglichkeit hatte, als Emigrant eine neue berufliche Laufbahn zu beginnen. Bei älteren Wissenschaftlern hat bekanntermaßen die Emigration aus Deutschland zu einschneidenderen Beeinträchtigungen der beruflichen Laufbahn geführt, wie beispielsweise bei dem schon genannten Carl Neuberg, der als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biochemie in Berlin-Dahlem Hans Krebs 1933 für die Besetzung eines Ordinariats an der Universität Münster vorgeschlagen hatte. Hans Krebs verließ Deutschland mit 16 Holzkisten und mehreren Koffern, die den Großteil seiner Laborausrüstung enthielten. Diese hatte er in Freiburg mit Forschungsmitteln der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und der Rockefeller-Stiftung beschafft. Er war in England zunächst in Cambridge tätig und wurde dann 1935 zum Dozenten der Pharmakologie und 1945 zum Professor für Biochemie der Universität Sheffield ernannt. Hans Krebs arbeitete weiter über den intermediären Stoffwechsel und entdeckte 1937 in Sheffield den Zitronensäurezyklus, der auch Tricarbonsäurezyklus (diese Bezeichnung bevorzugte Hans Krebs selbst) oder KrebsZyklus genannt wird. In dem für ihn typischen Understatement meinte Hans Krebs immer, dass die Bezeichnung "Krebs-Zyklus" nur deshalb in der Literatur verwendet würde, weil dies die kürzeste Bezeichnung sei.
Dieser Stoffwechselzyklus stellt bei Pflanzen und Tieren in den sogenannten Mitochondrien, den Zellorganellen des Energiestoffwechsels, eine Reaktionsfolge im oxidativen Endabbau der Nahrungsstoffe (Kohlenhydrate, Proteine und Fette) dar, Fett- Protein- und Kohlenhydratstoffwechsel laufen im von Hans Krebs entdeckten Zitratzyklus zusammen. Ausgangspunkt des Zyklus ist ein Endprodukt des Stoffwechsels der Fette, Proteine und Kohlenhydrate, das sogenannte AcetylCoenzym A. Bei dessen Katalyse entsteht unter anderem Zitronensäure, die dann durch bestimmte Enzyme in komplizierten Reaktionen weiter umgesetzt wird. Der Zitratzyklus ist der Hauptabbauweg zur Gewinnung des Adenosintriphosphats, das eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel der Organismen spielt. Der Zitratzyklus ist aber nicht nur ein Hauptabbauvorgang zur Energiegewinnung, sondern er liefert auch eine Reihe von Intermediärprodukten für Biosynthesen. Im Gesamtstoffwechsel verbindet der Zitratzyklus den Bau- mit dem Energiestoffwechsel, indem katabole (abbauende) und anabole (aufbauende) Reaktionen zusammenkommen, weshalb dieser grundlegende Stoffwechselprozess auch als amphibolisch bezeichnet wird. Es ist für die Gesamtenergetik der Organismen von grundsätzlicher Wichtigkeit, dass Substanzen, die für andere Biosynthesen dem Zitratzyklus entnommen werden, durch andere Stoffwechselwege, sogenannte anaplerotische Reaktionen, wiederaufgefüllt werden. Diese von Hans Krebs entdeckten Tatsachen lassen erkennen, dass es sich bei dem dargestellten Stoffwechselzyklus um ein Phänomen handelt, das von grundlegender Wichtigkeit für unser Verständnis von Leben ist. Die hierdurch gegebenen philosophischen Implikationen für unser Bild der Natur und dem des Menschen als Teil von dieser sind von Hans Krebs nach seiner Emeritierung in wichtigen Publikationen fast ausschließlich in deutscher Sprache mit hoher Präzision in mustergültiger Formulierungs- und Stilsicherheit dargestellt worden. Die diesbezüglichen Veröffentlichungen von Hans Krebs zeigen eindrucksvoll sein Verwurzeltsein in der deutschen Sprache. Die meisten Originalarbeiten von Hans Krebs aus seiner Zeit von der Emigration nach England bis zu seiner Emeritierung sind dagegen in Englisch verfasst. Sein wissenschaftliches Werk umfasst 347 Publikationen. Hans Krebs hat immer mit Ironie davon berichtet, dass die berühmte englischsprachige Wissenschaftszeitschrift "Nature" das von ihm zur Publikation eingereichte Manuskript über den Tricarbonsäurezyklus, das nur etwa 700 Worte umfasste, abgelehnt hat. Die Arbeit erschien dann kurze Zeit später in einer Festschrift für Carl Neuberg. Die Aufschlüsselung der Stoffwechselvorgänge in Zyklen begründete die internationale Berühmtheit von Hans Krebs, da diese Phänomene ein Meilenstein im biochemischen Denken waren und die experimentellen Ansätze der Biochemie in der Folgezeit bestimmt haben. Hans Krebs heiratete 1938 Margaret Fieldhouse aus Wickersley (Yorkshire) und wurde 1939 britischer Staatsbürger. Aus der glücklichen Ehe gingen die Söhne Paul und John (Sir John Krebs ist inzwischen weltberühmter Verhaltensbiologe, der die Disziplin der Verhaltensökologie mitbegründet hat) sowie die Tochter Helen hervor. Seine Familie war für Hans Krebs immer das Zentrum seines Lebenskreises. Hans Krebs wurde 1954 als Nachfolger von Sir Rudolph Albert Peters (1889-1982) auf den Whitley Chair of Biochemistry an die Universität Oxford berufen. Im Lehrkörper der Universität Oxford war bereits seit 1944 sein im gleichen Jahre wie Hans Krebs geborener Freund Hermann Karl Felix Blaschko als Fachvertreter für Biochemische Pharmakologie tätig. Dieser war ein Sohn des berühmten Berliner Dermatologen Alfred Blaschko (1858-1922), der sich als überzeugter Sozialist mit viel Erfolg für soziale Probleme und für das öffentliche Gesundheitswesen eingesetzt hatte, und der als deutscher Jude sein Vaterland, in dem sich seine Vorfahren seit über 500 Jahren zurückverfolgen lassen, bereits 1933 verlassen hatte. Hans Krebs war ein ungewöhnlich erfolgreicher Universitätslehrer und Leiter von Forschungsinstituten. Er studierte der väterlichen Familientradition folgend zunächst Medizin und entdeckte in seinen Studienjahren sein besonderes Interesse an den Stoffwechselvorgängen. In der Zeit seiner eigenen akademischen Ausbildung gab es das Studienfach Biochemie noch nicht. Obwohl die biochemische Grundlagenforschung eindeutiger Schwerpunkt seiner Profession und Lebensleistung ist, hat Hans Krebs seine Arbeit auf diesem Gebiet immer als organischen Bestandteil und besondere Ausprägung seines ärztlichen Berufes gesehen. Dies unterscheidet ihn und seine Kollegen dieser Epoche in der Berufsauffassung grundlegend in vieler Hinsicht von professionellen Bioche mikern der heutigen Zeit. Ein Teil der relativen Strenge zu sich selbst und zu anderen resultiert aus seiner lebenslangen Reflexion seines ärztlichen Auftrags, den er stets als bindend angesehen hat. Dieser Blickwinkel auf die Biographie von Hans Krebs ist für die heutige Diskussion um ärztliche Ethik und um Wertaspekte in der Medizinanthropologie von erheblicher Relevanz, da dieser bedeutende Naturwissenschaftler unserer Epoche stets unter Berücksichtigung des ärztlichen Standpunktes die Richtung seiner Forschungstätigkeit reflektiert hat, wodurch per se eine Bestimmung durch ökonomische Interessen für ihn ausgeschlossen war. Hans Krebs hat als Hauptursachen für seine Erfolge im Leben einerseits das Begabungspotential seiner Familie gesehen, andererseits hat er stets den prägenden Einfluss der geistigen Umgebung seiner Geburtsstadt Hildesheim in ihrer facettenreichen sakralen und bürgerlichen Tradition, als wichtig für seine Entwicklung eingeschätzt. In einem Beitrag für ein Merian-Heft hat Hans Krebs in meisterhaften sprachlichen Formulierungen ausgeführt, dass ihn in seiner Kindheit das wunderbare und in seiner Art einzigartige Bild der alten Straßen, die schöne Landschaft und die jahrhundertealte Tradition Hildesheims, die sich in den alten Gebäuden widerspiegelt, beeindruckt hätten: "Die Tradition, die uns in den Straßen stets von neuem bewusst wurde, weckte ein Gefühl der Bereicherung: wir hatten etwas Großartiges, was anderswo selten war." Gegen Ende seines Lebens schrieb er den Satz: "Meine Liebe zu Hildesheim hat nie aufgehört". Für seine Aufklärung der Reaktionskette des Tricarbonsäurezyklus erhielt Hans Krebs 1953 zusammen mit dem in Königsberg geborenen Harvardprofessor Fritz Albert Lipmann (1899-1985) den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Bei dieser höchsten Ehrung, die ein Wissenschaftler erhalten kann, hat man in der graphischen Gestaltung der Urkunde für Hans Krebs in Würdigung seiner Beziehung zu seiner Geburtsstadt Motive aus Hildesheim einbezogen: Es ist auf dem linken Teil der Urkunde über dem Verleihungstext der Hildesheimer Dom und das Knochenhaueramtshaus zu erkennen. Die ausgeprägte Verwurzelung im Ort seiner Herkunft und geistigen Prägung haben in Verbindung mit seiner bereits beschriebenen Grundhaltung Hans Krebs dazu bestimmt, den Deutschen das erlittene Trauma seiner Vertreibung aus seinem Vaterland durch die Nationalsozialisten zu verzeihen. Diesen Standpunkt hat er in ausführlich belegten Briefen mit verständnisvoller Beharrlichkeit gegenüber kritischen Argumenten aus seinem persönlichen Umfeld verteidigt. So nahm Hans Krebs auch 1966 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Hildesheim an. Der damalige Oberbürgermeister von Hildesheim, Martin Boyken, der zugleich der Direktor des Andreanums war, bezeichnete dies als "einen Beitrag zum geistigen Wiederaufbau Hildesheims". Neben dem Nobelpreis wurde Hans Krebs für seine Beiträge auf dem Gebiet der Biochemie durch zahlreiche Ehrenpromotionen ausgezeichnet. Er war doctor honoris causae der Universitäten Bristol, Cambridge, Glasgow, Leeds, Leicester, Liverpool, London, Sheffield, Wales, Chicago, Bloomington/Indiana, Philadelphia, Bordeaux, Paris, Granada, Valencia, Jerusalem, Freiburg, Berlin (Humboldt-Universität) und Göttingen. Besonders freute sich Hans Krebs über das Ehrendoktorat der Medizinischen Hochschule Hannover, das er 1974 erhielt, da er die Reformansätze und die Entwicklung dieser akademischen Neugründung in der Nähe seiner Geburtsstadt bis ins hohe Alter mit Interesse verfolgt hat. Ein besonderer Charakterzug von Hans Krebs ist dessen persönliche Bescheidenheit, die dazu führte, dass ihm jede Form des Personenkults im Zusammenhang mit ihm selbst zuwider war. Er war sich andererseits aber auch der Bedeutung seiner Person bewusst und brachte seine Berühmtheit in Situationen ein, in denen er meinte, mit besonderem Nachdruck aus sachlichen Gründen Dinge darstellen zu müssen, über die seine jeweiligen Zuhörer nach seinen Vorstellungen intensiv nachdenken sollten. Die Kombination dieser beiden Haltungen wurde gelegentlich einer Rede deutlich, die Hans Krebs am 29. November 1975 im Rahmen der 750-Jahrfeier des Gymnasium Andreanum hielt. Zu dieser Zeit hatte die Schule noch keinen geeigneten Raum, der für solche Gelegenheiten allen Lehrern und Schülern Platz bot. Die Feierstunde fand daher in der Sporthalle an der Schützenwiese statt. Dem Autor dieser biographischen Notizen – er war seinerzeit bereits candidatus medicinae und war wie viele andere ehemalige Andreaner wegen der Rede von Hans Krebs nach Hildesheim gekommen – ist der im Atmosphärischen liegende merkwürdige, fast schon skurrile Gegensatz zwischen dem freundlich-bescheiden auftretenden kleinen alten Herrn am Rednerpult und den entsprechend der Zweckbestimmung des Raumes von der Decke herabhängenden Turnringen noch in lebendiger Erinnerung. In seiner Rede sowie in einem Beitrag für die Festschrift aus Anlass des genannten Schuljubiläums hat Hans Krebs ausgeführt, dass er nie bereut hat, auf einem humanistischen Gymnasium gewesen zu sein. In der intensiven Beschäftigung mit der Antike, die erst durch das Erlernen der alten Sprachen möglich ist, in der gymnasialen Ausbildung sah Hans Krebs ganz im Sinne Philipp Melanchthons einen geistigen Ordnungsfaktor für die Entwicklung des einzelnen Menschen, der dadurch in den Jahren, in denen geistige Prägung möglich ist, in die Lage versetzt werde, abgeschlossene - um es mit einem aktuell gebräuchlichen Begriff zu verdeutlichen – "alternative" Gedanken- und Sozialsysteme umfänglich kennenzulernen. Hans Krebs hat aber auch gefordert, dass die Konzepte von Schulausbildung ständig überdacht werden müssten. Dies erörterte er an dem meist aus pädagogischen Gründen umgekehrt zitierten Satz "non vitae, sed scholae discimus" aus dem Schluss des sich mit Bildungskritik im weiteren Sinne befassenden Briefs 106 der Epistulae morales des Lucius Annaeus Seneca d. J. Für Hans Krebs war entscheidend, dass der Auftrag der Schule die umfassende allgemeine Bildung sein sollte und nicht eine vorgezogene Berufsausbildung. Wegen der Internationalität von Wissenschaft und Intellektualität forderte Hans Krebs die gebührende Gewichtung von neuen Sprachen im Curriculum einer Schule. Retrospektiv äußerte sich Hans Krebs unter Berücksichtigung der von ihm dargestellten Grundsätze durchaus kritisch zu seiner eigenen Schulzeit am Andreanum: seine Lehrer hätten damals den Schülern
zu wenig beigebracht. Die Gründe hierfür sah er in den durch den Ersten Weltkrieg gegebenen Zeitumständen und im unzureichenden pädagogischen Talent einiger Lehrer. Einen Aspekt, den Hans Krebs als wesentlichen Teil seiner Schulausbildung auf dem Andreanum erwähnt, werden einige, die die aktuelle theoretische Diskussion in der Pädagogik über die Institution Schule inhaltlich mitgestalten, kritisch sehen oder sogar eher für ungünstig halten: die Gewöhnung an Disziplin, besonders an Selbstdisziplin, in der Hans Krebs eine unabdingbare Voraussetzung für ein rücksichtsvolles Verhalten gegenüber den Mitmenschen und für die angemessene Erfüllung der jedem Einzelnen obliegenden gesellschaftlichen und beruflichen Verpflichtungen sah.
In dieser Verantwortung gegenüber der Gesellschaft hat Hans Krebs immer das wesentliche Movens für seine eigenen Leistungen und Erfolge gesehen. Hans Adolf Krebs starb am 22.11.1981 in Oxford. Sein Sarg war bei der anglikanischen Trauerfeier am 26.11.1981 in der 1691 erbauten Kapelle des Trinity College seiner Universität als Zeichen seiner Verbundenheit mit seinem Heimatland mit einem Blumengebinde und einer schwarz-rot-goldenen Schärpe des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland geschmückt. Am Andreanum ist nicht nur die wissenschaftliche Lebensleistung und die Persönlichkeit von Hans Krebs durch die Bronzebüste des englischen Künstlers K. Wojnarowski, die am 25.08.1988 auf Initiative von Studiendirektor Rudolf Thomasius vom Freundeskreis Gymnasium Andreanum aufgestellt wurde, in lebendiger Erinnerung, sondern es gibt auch aktuell eine geistige Weitergabe der von Hans Krebs ausgehenden wissenschaftlichen Konzepte in der Medizin durch ehemalige Schüler des Andreanums. Der Autor dieser kurzen biographischen Studie (AbiturJahrgang 1973), der als Professor für Radiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig ist, suchte auf Anregung von Studiendirektor Heinz Siedler gelegentlich eines wissenschaftlichen Kongresses Prof. Dr. med. et phil. Heinrich Tägtmeyer (Abitur-Jahrgang 1961) an der University of Texas in Houston auf. Tägtmeyer, der bei Hans Krebs in Oxford Biochemie studiert und von ihm wesentliche Anregungen für seine Forschungsarbeit über den Stoffwechsel des kranken Herzens erhalten hat, hat das Kapital für die jährliche Vergabe des Hans-Krebs-Preises gestiftet, mit dem am Andreanum eine herausragende naturwissenschaftliche Arbeit eines Oberstufenschülers ausgezeichnet wird. Bei diesem Zusammentreffen zweier ehemaliger Andreaner weit entfernt von Hildesheim war die Wissenschaftlerpersönlichkeit Hans Krebs Schwerpunkt des Gesprächs. Bei seiner Vorlesungstätigkeit an der Medizinischen Hochschule Hannover wurde der Autor dieses Hans Krebs gewidmeten Beitrags im Kreise seiner Hörer auf einen sehr engagierten ehemaligen Andreaner, Jörg Heineke (Abitur-Jahrgang 1993), aufmerksam, der an einer Dissertation im Bereich der Kardiologie arbeitet. Es konnte der Kontakt zu Herrn Tägtmeyer hergestellt werden, und Herr Heineke verbrachte inzwischen eine inhaltlich sehr intensive Zeit im Rahmen seiner klinischen Ausbildung am Ende seines Studiums in der Klinik und im Labor von Herrn Tägtmeyer in Houston. Nach dem, was wir von Hans Krebs und seiner Auffassung vom Zusammenhang von Schule und Leben wissen, würde ihm diese von ihm ausgehende bis heute wirksame Tradition wissenschaftlicher Ideen und Ideale über mehrere Andreaner-Generationen sehr gefallen. Bei der Vorstellung seines ersten Buches, das er über seinen von ihm hochverehrten Lehrer Otto Warburg in deutscher Sprache geschrieben hatte, sagte Hans Krebs am 15. März 1979: " ...ebenso lernte ich, dass man eben das Zusammensein mit wirklichen Gelehrten pflegen muss, um zu sehen, wie es eigentlich funktioniert, denn man kann den Stil des Arbeitens, die Art zu arbeiten an einer wissenschaftlichen Arbeit alleine nicht erkennen..." Unter diesem Aspekt ergibt sich aus dem ad personam Gesagten, dass es sich lohnt, um geistige Nähe zu Hans Krebs permanent bemüht zu sein.
PROF. DR. MED. BERND HAUBITZ
Der Autor dieser biographischen Studie, Prof. Dr. med. Bernd Haubitz, legte sein Abitur am Andreanum im Jahre 1973 (Klasse 13R) ab. Es folgte das Studium als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes an der Medizinischen Hochschule Hannover mit Tätigkeit in der Abteilung Biochemische Pharmakologie zur Anfertigung einer Dissertation über die negativ inotrope Wirkung von Adenosin am Herzen und ihre Beziehung zum myokardialen zyklischen 3'-5'-Adenosin-Monophosphat. Professor Haubitz ist derzeit als Professor für Radiologie mit Schwerpunkt Neuroradiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig.
Im Jahre 1975 stiftete Professor Dr. Heinrich Tägtmeyer, ein ehemaliger Schüler des Andreanums, den Hans A. Krebs Preis. Professor Tägtmeyer selbst studierte das Fach Biochemie bei Hans Krebs. Er lehrt heute an der University of Texas in den USA. In der Stiftungsurkunde heisst es: Als Anerkennung für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Biologie oder Chemie sollen alljährlich an dem allgemeinen Schulfeiertag des Andreanums ein Buchpreis und eine Urkunde verliehen werden. Der Preis soll mit der Zustimmung des Genannten den Namen des alten Andreaners und Nobelpreisträgers Professor Hans A. Krebs tragen. Um den Hans A. Krebs Preis können sich Schüler der Oberstufe des Gymnasium Andreanum bewerben oder von ihren Fachleitern vorgeschlagen werden. Es sind solche Schüler eingeladen, die besonders Interesse an der Biologie oder Chemie haben. Solche Leistungen können sein: eine Facharbeit, eine Referat über ein schwieriges Thema, besonderes experimentelles Geschick o.ä. Der Preisträger soll eine Fähigkeit demonstrieren, ein naturwissenschaftliches Thema sorgfältig und kritisch zu behandeln und die Ergebnisse seiner Arbeit seinen Mitschülern und Lehrern in mündlicher oder schriftlicher Form zu präsentieren. Im Einvernehmen mit Herrn Prof. Dr. H. Tägtmeyer kann der Preis auch Schülern verliehen werden, die sich im Bereich der gesamten Naturwissenschaft und Mathematik hervorgetan haben. Diese Auszeichnung konnte seit 1975 an folgende Schüler vergeben werden: 1975 Diethard Matthias und Matthias Wahlmann 1977 Brigitte Schöne 1978 Barbara Weidt 1980 Susanne Schmidt und Patricia Birkmann 1981 Thorsten Bettin und Acke Schreyer 1983 Erck Elolf, Kai Sundmacher und Thomas Olzowy 1988 Matthias Gabler 1991 Reinhard Borck, Robert Maleika und Kerstin Schilde 1993 Michael Seewald 1995 Michael Döring 1998 Gunther May